Unsere Gesprächspartner ist ein bekannter Historiker und Archäologe, Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Aserbaidschans Ilyas Babayev.
– Herr Babayev, schon seit vielen Jahren werden unter ihrer Leitung in Gabala – der zentralen Stadt des kaukasischen Albanien die archäologischen Ausgrabungen durchgeführt. Wie war die gesellschaftspolitische Situation in unseren Gebieten vor der Entstehung Albaniens?
– Albanien wurde im vierten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung (v.u.Z.) gegründet. Früher war dieses Gebiet im Bestande des Großreiches der Achämeniden. Dieses Reich umfasste ein breites Territorium- im Westen von dem nordöstlichen Afrika, einschließlich Ägypten bis zum Indus-Tal in Indien im Osten und von dem Persischen Golf und dem Indischen Ozean im Süden bis zum Großen Kaukasus im Norden. Bis dahin existierte in der Welt noch nie so ein Großreich. Das Großreich der Achämeniden entsatnd im Jahre 550 v. u. Z. Die Forschungen zeigen, dass der Südkaukasus, insbesondere das derzeitige Gebiet der Republik Aserbaidschan – Südostkaukasus bis Achämeniden im Bestande des Staates Midien war. Im VII. Jahrhundert v. u. Z. gründeten die nomadischen ihr Reich und herrschten innerhalb von 28 Jahren. Sie nomadisierten vom Norden-der Pforte (Tor von Derbent“ oft auch als „Flaschenhals“ bezeichnet) nach dem Süden zwischen dem Kaukasus und dem Kaspischen Meer (übrigens ist diese Bezeichnung uns noch näher als „Khazar“). Zu Beginn des VI. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung erlangte Herrscher von Midien Kiaksar einen Sieg über die Skythen und stellte somit die Herrschaft von Midien wieder.
Der Herrscher des zum Staat Midien gehörten Gebiets Persien (Griechen bezeichneten es als Persida) Kourosh II. (in griechischen Quellen – Cyrus), Angehörige der Dynastie Achämenidien machte einen Aufstand, stürzte den letzten Herrscher Midien Astyages und gründete den Staat Achämeniden. Innerhalb kurzer Zeit Kourosh II. (550-530 v. u. Z.), sein Sohn Kambyz (530-523 v. u. Z.), darunter Darius I. (522-486 v. u. Z.), annektierten viele Länder und haben ein Großreich gegründet. Nach Angaben des Historikers Herodot reichten die Nordgrenzen des Reiches der Achämeniden bis an die Bergketten des Großen Kaukasus.
Als der Archäologe Ideal Narimanov am historischen Ort Saritepe auf dem Gebiet der Stadt Gazakh die Ausgrabungen durchführte, fand er hier einen Säulensockel. Später wurde in Gumbati, eine Ortschaft an der Grenze zwischen Aserbaidschan und Georgien ein weiteres großes Denkmal entdeckt. All dies bestätigt die Tatsache, dass der Südkaukasus ein Teil des Reiches Achämeniden war. Und das Monument, das während der Ausgrabungen durch eine internationale Expedition in Schamkir unter meiner Leitung entdeckt worden ist, ist eines von derartigen Denkmälern, die im Südkaukasus gefunden sind. Das ist unvorstellbar, dass nur ein Gebäude hier in einer Fläche von einem halben Hektar liegt. Zusammen mit einem Hof erstreckt es sich über eine Fläche von 20 Hektar. Und in einer Fläche von wenigen Quadratkilometern befindet sich ein prächtiger Palast. Hieraus ergibt sich, dass das Verwaltungszentrum der Achämeniden hier lag, und der Südkaukasus scheinbar von hier regiert wurde.
In welchem Zeitalter sind Anfangsinformationen über Albanien und Albaner vorzufinden?
Alexander der Große griff im Jahre 336 v. u. Z das Reich der Achämeniden an. In der entscheidenden Schlacht bei Gaugamela im Jahre 331 vor unserer Zeitrechnung wird auch der Name der Albaner – unserer Stammbevölkerung erwähnt. Bis zu ihnen lebten in diesen Gebieten Kaspier. Wir halten, dass sich in die Kaspier auch Albaner hineinliefen. So gab es bereits im II. Viertel des I. Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung eine sozioökonomische Grundlage für die Gründung eines albanischen Staates. Seit 1959 führe ich die archäologischen Ausgrabungen in der Hauptstadt von Albanien – Gabala durch. Ich nutze diese Gelegenheit, um die Namen der prominenten Wissenschaftler Saleh Gaziyev und Gara Ahmadov, die in Gabala Ausgrabungen durchführen, erwähnen. Seit 2006 nahmen an der Expedition ebenfalls die Deutschen, Georgier, Russen teil.
Ich wurde zum Doktor der Bildung von antiken Städten promoviert. Das Vorhandensein der Stadt impliziert bereits die Existenz des Staates und das Vorhandensein des Staates bezeichnet das Bestehen eines Rechtssystems. Und diese Gegebenheiten wurden schon in der Mitte des I. Jahrtausends v. u. Z. geschaffen. Während des Bestehens der Achämeniden war die Konsolidierung von in diesem Gebiet lebenden Stämmen bereits abgeschlossen. Strabon erinnert an die Namen von 26 Stämmen, die dieses Gebiet besiedelten. Und an der Spitze jedes Stammes war ein Basileus. Wir kennen die Namen von nur drei von ihnen. Eine zentrale Stadt der Albaner war Gabala. In einigen schriftlichen Quellen liegen auch Anfangsinformationen über die Albaner vor. Aber diese Quellen widerspiegeln manchmal die Realitäten nicht.
Zum Beispiel, Strabon stellte fest, dass die Albaner zum Handel nicht verlangt waren. Der Handel bei ihnen folgte durch einen Austausch. Das heißt, als hätten sie Geld nicht gekannt. Aber ich möchte betonen, dass wir während der Ausgrabungen große Schätze ausgefunden haben. Es stellte sich heraus, dass die Albaner noch vor 300 Jahren bis Strabon große Anzahl von Münzen geprägt haben. Diese waren mit Münzen von Alexander dem Großen verglichen. Alle diese Informationen habe ich im Jahr 1971 in Moskau veröffentlicht.
Im IV. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung begann die Epoche Hellenismus. In dieser Zeit wurde der Handel zu einem Welthandel. Im II. Jahrhundert v. u. Z. entstand die Große Seidenstraße. Das war ein globales System der Handelswege. Mehrere seiner Zweige gingen durch Albanien.
Während des Feldzugs von römischem Feldherrn Pompeius hatte der albanische Herrscher Aroys 60 000 köpfige-Fußvölker und 22 000 köpfige-Kavallerien. Dies konnte man natürlich als eine hohe Zahl betrachten.
Somit verfügte Alexander der Große während seines Ostfeldzuges insgesamt über 30.000 köpfige-Fußvölker und 5000 köpfige-Kavallerien. Diese Zahl zeigt auch eine hohe Anzahl der Bevölkerung des Landes. Ich möchte auch betonen, dass im II. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung von Ptolemäus die Namen 29 Städten Albaniens erwähnt werden, obwohl einige von ihnen große Siedlungen waren.
Die Zahl dieser Städte und ihrer Stämme ist fast gleich. All dies schafft ein klares Bild von dem Ausmaß des Landes.
Während der Ausgrabungen in Gabala wurde eine große Anzahl von Wertgegenständen entdeckt, was eine Grundlage für die Erforschung der Geschichte nicht nur von Aserbaidschan, sondern auch dem gesamten Kaukasus und dem Nahen Osten schafft.
Albanien ist der auf dem Territorium des nördlichen Aserbaidschan gegründete erste unabhängige Staat. Natürlich waren im Süden zugleich Manna und andere Länder. Gabala wird im I. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung erwähnt. Über Gabala schrieb der Große Pliny. Ich fand im Jahr 1967, wo Gabala lag, dessen Name von Pliny erwähnt wird. Als Ergebnis der Ausgrabungen, die von mir in den letzten zwei Jahren in Gabala durchgeführt werden, stellte es sich heraus, dass es hier mehr antike Siedlungen existierten. Ich fand hier große Getreidespeicher aus der frühen Eisenzeit und auf dem Boden dieser Kornspeicher verbrannten Gerstenkorn. Dies deutet darauf hin, dass die sozioökonomischen Fragen überprüft werden sollen. Das heißt, dass es in den 7. und 6. Jahrhunderten v. u. Z. eine wichtige Grundlage für die Bildung einer großen Stadt bestand.
Bis zur Mitte des V. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung blieb Gabala die Hauptstadt von Albanien bestehen. Als sie im Bestande der Achämeniden waren, verbreiteten sie hier ihre Bräuche und Glauben. Die Griechen schrieben, dass die Albaner an Zeus, Helios, Selene glaubten. Vor allem glaubten sie an den Mondgott. Der Hohepriester des Mondgottes galt als zweite Person in dem Land nach dem König.
In der Regel soll es auch eine Schrift geben, während die Gründung einer Stadt konzipiert wird. Es gibt genug Hinweise auf den Schriftverkehr von Pompeius mit dem albanischen Herrscher. Aber wir haben wenige Schriftdenkmäler. Im V. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung verfügte Albanien über seine eigene Buchstabenschrift. In den Handschriften von XV. und XVI. Jahrhunderten werden an die Völkernamen erinnert, die ihr eigenes Alphabet und Schreiben hatte. Hier geht es auch um Albaner. Die Albaner verfügten über ein Alphabet mit 53 Zeichen. Alle diese Zeichen bezeichneten Laute.
In den Nachkriegsjahren, als das Mingetschevir Wasserkraftwerk gebaut wurde, wurden während der Ausgrabungen die Steinplatten mit einigen Inschriften entdeckt. Aber es gaben keine Bücher. Die albanische Buchstabenschrift wird mit dem Namen von Mesrop Mashtots im Zusammenhang gebracht. Er kam in Albanien an und wurde von dem albanischen Herrscher mit Respekt angenommen. Der albanische Herrscher stellte ihm einen Dolmetscher namens Beniamin zur Verfügung. Und wenn auch man sagt, dass Mesrop Mashtots im gargarischen Dialekt ein Alphabet mit reichen Kehllauten geschaffen hat, hat er es in der Tat alphabetisch angeordnet und verbessert, aber ich wiederhole nochmals, dass er es nicht geschaffen hat. In den letzten Jahren hat Zaza Aleksidze im Nordosten von Ägypten ein Manuskript entdeckt. Hier gibt es einen 160 Seiten-Text in der albanischen Sprache. Zaza Aleksidze las dieses Buch auf der Grundlage der kaukasischen Sprachen. Als ich ihn nach der Anzahl der Zeichen fragte, antwortete er, dass es 52-54 Zeichen gibt. Er stellte ferner fest, dass dieses Buch ein Lexikonar ist, das heißt, dass die vorhandenen Bücher konspektiert worden sind.
So gab es in dieser Sprache auch früher eine Menge Bücher. Kurz gesagt, Albanien gilt in jeder Hinsicht ein aserbaidschanischer Staat. Das Zentrum des Landes war innerhalb von etwa 800 Jahren Gabala. Albaner sind unsere Vorfahren. Aber ich möchte einen Punkt betonen, dass es unbekannt ist, woraus das Wort „Albanien“ stammt. Wie man in einigen Quellen sagt, stammt das Wort “Albanien” aus dem lateinischen „Albus“ – „weiß“. Anscheinend deutet dieses Wort auf hochwüchsige, blonde, Menschen mit heller Haut, die dieses Gebiet besiedelt haben. Wenn auch in Italien und Mexiko, darunter im unabhängigen europäischen Staat Albanien der Name des Wortes „Alban“ vorzukommen ist.
– Herr Babayev, Es ist bekannt, dass die Albaner zum Christentum bekehrt haben. Gibt es Informationen darüber, wer zuerst zum Christen wurde – Armenier oder Albaner?
Laut Quellen stellt Movses Kaghankatvatsi fest, dass unsere Kirche vor den Armeniern gegründet worden ist. Am Ende des ersten Jahrhunderts, Anfang des zweiten Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung Missionar Yeghishe geschickt, um den christlichen Glauben zu hier verbreiten. Es kann sein, dass zu jener Zeit bei uns christliche Gemeinden schon vorhanden waren. Als das Christentum entstand, war es im alten Rom verfolgt. Als Nero die Stadt Rom zündete, schob er die Schuld er auf die Christen. Christen wurden im Kolosseum den wilden Tieren vorgeworfen, um gefressen zu werden. Daher wäre es sinnlos, im I. Jahrhundert eine Kirche zu suchen. Aber es könnte Tempel oder Gebetsstätten geben. Nur im Jahre 312 hat das Christentum zu freier Religion erklärt. Im Jahr 325 wurde in der Stadt Micah Mickey auf dem Territorium der Türkei erstes Weltforum der Christen einberufen. In der ersten Hälfte des IV. Jahrhunderts hatten die Albaner das Christentum bereits angenommen. Unser Gebiet war sowohl für das Byzantinische Reich, als auch für das sassanidische Reich von großer Bedeutung. Im Krieg zwischen den beiden Ländern stand Albanien als christlicher Staat dem Byzanz zur Seite. Aber da wir damals von den Sassaniden abhängig waren, wurden unsere Einheimischen gezwungen, zum Zoroastrismus zu bekennen. Aber die Ortseinwohner nahmen diesen Glauben nicht an. Im Jahre 450 hat Herrscher des Sassanidenreichs die Albaner, Georgier und Armenier einberufen und erklärte, dass sie verpflichtet sind, den Zoroastrismus zu zugeben. Als es sich herausstellte, dass sie den Sassaniden gegenüber gar machtlos sind, gaben sie vor, als hätten diesen Glauben angenommen. 300 zoroastrische Priester wurden von Sassaniden nach Albanien geschickt, um diesen Glauben hier zu verbreiten. Das Volk protestierte und revoltierte gegen den Zoroastrismus und vertrieb diese Priester. Diesmal kamen die Sassaniden nach Albanien mit einer Armee. Trotz aller Überredungen verzichtet der albanische König Vache auf die Macht und wird ein gewöhnlicher Mönch. Innerhalb von 30 Jahren war das Land von Sassaniden durch Statthalter regiert. Gerade zu jener Zeit wurde die Hauptstadt von Albanien von Gabala nach Barda verlegt. Als diese Entscheidung getroffen wurde, spielte diese Tatsache eine wichtige Rolle, dass Gabala in der Nähe von den Bergen gelegen und von Bergstämmen öfter überfallen worden war. Mit der Ankunft der Araber wurde der Verbreitung des Zoroastrismus ein Ende gesetzt. Das Sassanidenreich zerfiel im Jahre 651 unter Yazdegerd II. Mit dem Sturz der Sassaniden traten wir in den Bestand des arabischen Kalifats.
– Gab es Ähnlichkeiten in der christlichen Religion, zu der Armenier und Albaner bekannt haben?
– Wir hatten eine Vielzahl von Denominationen der christlichen Religion. Ende der VII. und Anfang VIII. Jahrhunderte wurde unsere Kirche mit Hilfe der Araber zu einer Monophysite gemacht. Armenier sind auch Monophysiten. Aber wir waren Diaphysiten. Zum Beispiel, Udine von Nij sind Gregorianen, Oguz Udine sind Orthodoxen. Die Albaner hatten einen separaten Katholikos und Gandzasar war sein Zentrum. Als Mkhitar Gosh im Auftrag des albanischen Katholikos eine Gesetzordnung schrieb, verwendete er sowohl christliche Vorschriften, als auch islamische Scharia. Seit dem Beginn des VIII. Jahrhunderts vereinigt sich unsere Kirche unter dem Einfluss der Araber mit der armenischen Kirche. Auf unserem Territorium gibt es eine beträchtliche Anzahl von christlichen Denkmälern und ihre Forschung trägt einen strategischen Charakter.
– Herr Babayev, Haben im heutigen Gebiet Karabach die Armenier während des Bestehens von Albanien gelebt?
– Im Jahr 1987 nahm ich das letzte Mal an einer Sitzung des Wissenschaftlichen Rates in Eriwan teil. Armenier hatten einen Wissenschaftler namens Eremyan. In einem Gespräch mit mir, sagte, dass er dass man in Amenien nicht liebt. Ich war wirklich sehr überrascht, denn er war ein prominenter Wissenschaftler. Als ich ihn nachdem Grund fragte, warum man ihn nicht liebt, sagte er, dass er behauptete, dass in Karabach nicht Armenier sondern Albaner lebten. Ich sagte, dass dies nicht nur Sie, sondern auch viele andere, darunter Akademiker Orbeli, überzeugt gesagt haben. Das ist eine erwiesene Tatsache, dass während des Bestehens kaukasischen Albaniens in Karabach im Allgemeinen kein einziger Armenier gelebt hat.
Karabach-Armenier kamen hierher erst nach der russischen Besatzung an. Dies bestätigt auch die während jener Zeit hier durchgeführte Zählung. Wenn man sich auch auf die militärischen Karten anschaut, die am Anfang des XX. Jahrhunderts gedruckt wurden, dann können wir sehen, dass mehr als 90 Prozent der geographischen Ortsnamen in der aserbaidschanischen Sprache sind.
– Vielen Dank für das interessante Gespräch.
Gunduz Nasibov, 1905.az